Bildung in der EU

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Einführung

Spätestens seit der Epoche der Klassischen Antike in Griechenland gehört Bildung zum Kulturgut einer nach unserer Definition kulturell und technologisch entwickelten Gesellschaft. Die im Hellenismus zugrunde gelegten Werte in der Politik, Philosophie, Kunst, Wissenschaft und nicht zuletzt der Bildung prägen weitgehend die Existenz der westlichen Gesellschaften im 21. Jahrhundert. In unserer modernen Welt mit ihrer komplexen Infrastruktur, disziplinübergreifenden Berufen, die immer mehr Anforderungen an das Individuum stellen, ist eine fundierte Bildung mehr denn je gefragt.

Historische Entwicklung der Definition Bildung

Auch wenn jeder Mensch versteht oder zu verstehen glaubt, was unter dem Begriff der Bildung gemeint ist, erweist sich eine klare Definition dieses Begriffs als schwierig. Die alten Griechen verwendeten den Begriff paideia, der sich als die "Erziehung eines Kindes" übersetzen ließe; die Römer setzten dem den Begriff humanitas gleich, was nichts anderes als "das Mensch sein" bedeutet. Unter der paideia und humanitas verstand die antike Welt nicht einfach Erziehung, sondern die Hinwendung des Menschen zum Denken. Beide Kulturen, die diese Begriffe als Synonym für Zivilisation und Kultur verwendeten, versuchten mit diesen Idealen sich von den Barbaren abzugrenzen[1]. Im Mittelalter fand eine Wandlung des Begriffs vom Philosophischen zum Theologischen hin, ohne jedoch von seiner ursprünglichen Bedeutung zu verlieren. Der Prozess der Bildung fand nun im Sinne der römisch-katholischen Lehre statt, dass sich der Mensch idealerweise vom Homo insipiens ("dem dummen Menschen") zum Homo sapiens ("dem weisen Menschen") auf seinem Lebensweg der Gottesnähe entwickle. Die weitgehend moderne Definition des Begriffs Bildung tauchte erstmals in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nach dem Dreißigjährigen Krieg auf, geprägt von dem tschechischen Theologen und Pädagogen Johann Amos Comenius als eruditus (wörtlich: "ent-roht"). Gebildet als Gegensatz der Rohheit, die sich in den Verwüstungen des Krieges im Leben jener Gesellschaft überall anzutreffen war. Entroht, gebildtet - die Allegorie des Geistes über die Schrecken des Krieges. In der Aufklärung wurde der Begriff philosophisch, theologisch und nicht zuletzt pädagogisch neu geformt und entwickelt, wie wir ihn heute wahrnehmen.

Der Begriff der Bildung im Brockhaus:

Bewußte, planmäßige Entwicklung der natürlich vorhandenen geistigen und körperlichen Anlagen des Menschen. 
Auch der durch diese Entwicklung erreichte Zustand wird Bildung genannt (Gegensatz: Unbildung, Halbbildung).

Bedeutung der Bildung in der Europäischen Union

Im 20. Jahrhundert, insbesondere ab der zweiten Hälfte, erfuhr die Gesellschaft eine Wandlung von der klassischen Industrie- zur Informations- und Wissensgesellschaft. Die Quantität des produzierten Wissens verdoppelt sich laut verschiedenen statistischen Schätzungen alle fünf bis 12 Jahre.[2] Wer in der global vernetzten Welt sprichwörtlich den Anschluss verpasst, riskiert unter umständen seinen Job an einen höher qualifizierten Mitbewerber zu verlieren bzw. einen Job erst gar nicht zu bekommen. Die lange Zeit zu kurz gekommene Bildungspolitik in der EU versucht seit Ende der 1990er Jahre mit einer Reihe von Programmen (z. B. der Lissabon-Strategie[3], dem Bologna-Prozess[4] sowie dem Comenius-[5], Erasmus-[6] und dem Sokrates-Programm[7]) den Versäumnissen entgegenzuwirken und das Bildungssystem innerhalb der EU zu vereinheitlichen, mit dem Ziel, die EU wettbewerbsfähiger zu machen und den Fachleuten weitgehend gleiche Chancen innerhalb der Europäischen Union zu ermöglichen. Leider sind diese Programme zu kurzfristig angelegt, als dass sie innerhalb einer Dekade messbare Resultate liefern würden. Hinzu kommt, dass es keine verbindliche Standards für EU-Staaten gibt.

Bildungsunterschiede in den EU-Ländern

Deutschland

  • Dreigliedriges Schuldbildungssystem
  • Ausgaben für Bildung: 4,6% des BIP (unter dem Durchschnitt der OECD-Staaten)[8]
  • PISA (2006): Mathematik: 504, Lesefähigkeit: 495, Naturwissenschaften: 516
  • Link: Deutsches Bildungssystem

Liechtenstein

Luxemburg

  • Schulpflicht: vom 6. bis zum 15. Lebensjahr
  • PISA (2006): Mathematik: 490, Lesefähigkeit: 479, Naturwissenschaften: 486

Österreich

  • Schulpflicht: vom 6. bis zum 15. Lebensjahr
  • Das gegliederte Schulsystem ähnelt dem in Deutschland
  • PISA (2006): Mathematik: 505, Lesefähigkeit: 490, Naturwissenschaften: 511
  • Link: Bildungssystem in Österreich

Schweiz

  • 26 verschiedene Schulsysteme (entsprechend den 26 Kantonen)
  • Schulpflicht: von 7. bis zum 16. Lebensjahr
  • Das Gegliederte Schulsystem ähnelt dem in Deutschland
  • PISA (2006): Mathematik: 530, Lesefähigkeit: 499, Naturwissenschaften: 512
  • Link: Schweizer Bildungssystem

Belgien

  • Schulpflicht: von 6. bis 16. Lebensjahr
  • PISA (2006): Mathematik: 520, Lesefähigkeit: 501, Naturwissenschaften: 510

Finnland

  • Schulpflicht: von 7 bis 16 Jahren
  • Bildungsetat: 13% der Staatsausgaben[9]
  • Unterschiede zu Deutschland:
    • Die Lernmittel werden von der Schule kostenfrei zur Verfügung gestellt
    • Das Verhältnis Lehrer/Schüler ist weniger autoritär als in Deutschland. Lehrer werden beispielsweise beim Vornamen angesprochen.
    • Kostenlose Mahlzeit
    • Anderes Punktesystem (1 - 10)
    • In den ersten 6 Jahren gibt es kaum Nachsitzer
    • Die Stundenanzahl ist insgesamt weniger als in Deutschland
    • Auf dem Schulgelände ist das Rauchen sowohl für Lehrer als auch für Schüler untersagt (auch in Deutschland eine zunehmende Praxis)
  • Analphabetenrate: unter 1% (die niedrigste der Welt)
  • PISA (2006): Mathematik: 548, Lesefähigkeit: 547, Naturwissenschaften: 563
  • Link Bildungssystem in Finnland

Frankreich

  • Schulpflicht: von 7 bis 16 Jahren
  • Das Schulsystem ist stark zentralisiert
  • Staatsausgaben Bildung: ca. 20%
  • Anteil der Schüler an Privatschulen: 17%
  • Analphabetenquote: unter 5%
  • PISA (2006): Mathematik: 496, Lesefähigkeit: 488, Naturwissenschaften: 495
  • Link: Französisches Schulsystem

Italien

  • Schulpflicht: von 6 bis 14 Jahren
  • Analphabetenquote: Männer (1,4%), Frauen (2,4%)
  • PISA (2006): Mathematik: 462, Lesefähigkeit: 469, Naturwissenschaften: 475
  • Link: Italienisches Schulsystem

Niederlande

  • Schulpflicht: vom 5. bis zum 16. Lebensjahr
  • Anteil der privaten Schulen (jedoch in staatlicher Hand): 65%
  • Staatsausgaben für Bildung: 18,5%
  • PISA (2006): Mathematik: 531, Lesefähigkeit: 507, Naturwissenschaften: 525
  • Link: Bildungssystem in den Niederlanden

Nicht-EU-Staaten

Japan

  • Schulpflicht: vom 6. bis zum 15. Lebensjahr
  • Freiwilliger Besuch der Oberschule: 3 Jahre
  • Staatliche sowie private Universitäten
  • Praktisch kein Sitzenbleiben im Gegensatz zu Deutschland
  • PISA (2006): Mathematik: 523, Lesefähigkeit: 498, Naturwissenschaften: 531
  • Link: Bildungssystem in Japan

Kanada

  • Schulpflicht variabel (Zuständigkeit einzelner Provinzen)
  • Spezielle Schulen für indigene Bevölkerung
  • Analphabetenrate: ca. 5%
  • PISA (2006): Mathematik: 527, Lesefähigkeit: 527, Naturwissenschaften: 534

Mexiko

  • Schulpflicht: vom 6. bis zum 12. Lebensjahr
  • Besuch der staatlicher Grundschulen kostenlos
  • Analphabetenquote: Männer (8,2%), Frauen (12,6%)
  • PISA (2006): Mathematik: 406, Lesefähigkeit: 410, Naturwissenschaften: 410

Türkei

  • Schulpflicht: vom 6. bis zum 14. Lebensjahr
  • Schulbesuch ist kostenlos
  • Großer Anteil religiöser Mittelschulen
  • Analphabetenrate: Männer (8,3%), Frauen (27,6%)
  • PISA (2006): Mathematik: 424, Lesefähigkeit: 447, Naturwissenschaften: 424

USA

  • Schulpflicht: vom 7. bis zum 16. Lebensjahr
  • Nach der High School kann man eine kostenpflichtige Uni besuchen, deren Qualitäten stark schwanken. Es wird ein besonderer Wert auf die Elite-Unis gelegt (in Deutschland ist diese Aufteilung stark umstritten). Die Gebühren können bis zu 30.000 US-Dollar jährlich betragen [!]
  • PISA (2006): Mathematik: 474, Lesefähigkeit: 495 (2003), Naturwissenschaften: 489
  • Link: Schulsystem der Vereinigten Staaten

Literatur

Quellennachweise

  1. Der Begriff "Barbar" taucht in diesem Zusammenhang nur aus der Sicht der antiken Welt auf, die diesen Begriff auch prägte: nämlich für die vermeintlich ungebildeten, "barbarischen" Völker. Der Begriff war natürlich politisch nicht unbelastend, wie wir heute sagen würden. Die vermeintlich wilden Stammesnachbarn waren, wie die geschichtliche Forschung der letzten 100 Jahre zeigt, weit entwickelter, als die antiken Quellen es uns überliefern.
  2. Eine objektive Aussage über die Wissensmenge, die die Menschheit schafft, ist nicht unproblematisch. Es gibt mehrere Ansätze, diese Menge mit Hilfe statistischer Verfahren zu ermitteln. Eine davon ist die Messung von Veröffentlichung in Fachliteratur, die der englische Wissenschaftler Derek de Solla Price in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte. Mittlerweile ist die Methode zum eigenen Forschungszweig Scientometrie geworden.
  3. Europäische Kommission
  4. BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung
  5. Europäische Kommission
  6. Europäische Kommission
  7. Europäische Kommission
  8. Wikipedia, Deutschland, Bildung
  9. Erdkunde-Wissen.de