Astrologie – welche Logik verbirgt sich dahinter?

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Wie jeder aufgeklärter Mensch des 21. Jahrhunderts, der eine gesunde Portion Skepsis an den Tag legt, weiß, dass Astrologie eine esoterische Disziplin und somit keine Wissenschaft ist. Astrologie ist eine in sich geschlossene, dogmatische Irrlehre, die aus Gestirnstellungen Schlüsse zur Beurteilung von irdischen Gegebenheiten und deren Entwicklung zieht. Der Astrologie zufolge soll sich der Einfluss der Planeten und Gestirne nicht nur auf Menschen beschränken; Horoskope werden sogar für Tiere, Sachgegenstände (z.B. Autos) und Firmengründungen erstellt.

Besonders prägend sollen die Konstellationen der Himmelskörper zum Zeitpunks der Geburt sein. Wie Harald Lesch, Professor für theoretische Astrophysik an der Universität München und Moderator der bekannten TV-Astronomie-Reihe Alpha-Centauri es treffend formuliert: "Die Schwerkraft, die die Hebamme zum Zeitpunkt der Geburt auf das Baby ausübt, ist ja viel, viel größer als die Schwerkraft, die Saturn, Jupiter, Uranus oder Neptun zusammengenommen auf den Säugling ausüben können. Aber trotzdem glauben die Leute an diesen Hokuspokus."[1]

Warum soll aber der Zeitpunkt der Geburt ausschlaggebend sein? Unterliegen etwa der Fötus oder der Embryo nicht auch den Kräften der Gravitation? Wäre es nicht logischer, die Sternzeichen und die Stellungen der solaren Planeten auf den Zeitpunkt der Befruchtung anzuwenden?

Es klingt absurd. Und trotzdem werden Vermögen mit einer Lüge verdient, die als Wahrheit, ja als eine Wahrheit, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren soll, über die Ladentische geht. 77 Prozent der Deutschen lesen regelmäßig Horoskope. 1977 waren es nur 46 Prozent. Jährlich werden hierzulande 500 bis 600 Millionen DM für Horoskope und andere astrologische Lebensberatung ausgegeben.

Es gibt mehrere Studien, die Horoskope kritisch unter die Lupe nehmen. Nachfolgend ein krasses Beispiel, das die Groteske des Nonsens um die Horoskope in aller Deutlichkeit vor die Augen führt: "Ein Wissenschaftler bietet in einer Pariser Zeitung per Anzeige an, kostenlose Horoskope zu erstellen. Er erhält etwa hundertfünfzig Zuschriften, in denen jeweils, wie gewünscht, Ort und Zeit der Geburt angegeben sind. Jeder Interessent bekommt dann das gleiche Horoskop, samt einem Fragebogen, in dem er ankreuzen soll, wie genau das Horoskop gewesen sei. Vierundneunzig Prozent der Interessenten (und neunzig Prozent ihrer Familien und Freunde) erwiderten, sie hätten sich in diesem Horoskop zumindest wiedererkannt. Dieses Horoskop war jedoch für einen Serienmörder erstellt worden."[2]

Psychologen sprechen vom "Barnum-Effekt", wenn Aussagen, die in den Horoskopen stehen, auf alle zutreffen. Psychologische Tests belegen eindeutig, dass 80 bis 95 Prozent aller Menschen meinen, dass solche Floskeln ihren Charakter oder Gemütszustand treffend beschreiben: "Sie sind feinsinnig, geduldig, sanft und tolerant. Manchmal können sie aber nachtragend und untreu werden. Sie kennzeichnet neben einem vielschichtigen Charakter, große Phantasie und eine außerordentliche Lernfähigkeit." Wer wird da behaupten, das bin ich nicht! Oder auch weise Ratschläge wie diese: "Die Weichen sind gestellt. Wohin die Reise geht, erfahren Sie aber erst im letzten Moment."; "Sie sollten sich das genau überlegen: Wenn Sie einen Freund verleugnen, verlieren Sie sicherlich mehr, als Sie damit gewinnen."; "Eine Methode, die Sie ausprobieren, überzeugt Sie nicht. Versuchen Sie es einfach einmal auf eine völlig neuartige Weise."; "Schaffen Sie klare Verhältnisse. Das ewige Hin und Her sollte ein Ende finden."

Wann kann Astrologie zu einer Gefahr für die Gesellschaft werden? Kann überhaupt so etwas harmloses wie das wöchentliche Horoskop etwas Negatives bewirkt werden? Die Antwort ist ja. Denn Astrologie ist eine Pseudowissenschaft, die, wie die meisten Pseudowissenschaften, auf Scharlatanerie basiert. Wenn Menschen um ihr Geld geprellt werden, mag das vielleicht eine persönliche Angelegenheit sein, aber sobald die Betroffenen anfangen, ihre täglichen Entscheidungen von Horoskopen abhängig zu machen, geht die suggestive Manipulation scheinbar harmloser Vierzeiler auf. Menschen, die sich ihrer Rolle nicht sicher sind, die in Krisen stecken und sich vor ihrer Zukunft fürchten, sind sehr empfänglich für astrologische "Beratung". Dazu zählen grundsätzlich psychisch labile Menschen und im allgemeinen Jugendliche. Im harmlosesten Fall werden "Patienten", die eine astrologische Beratungsstelle aufsuchen, mit nichts sagenden Barnum-Floskeln abgespeist, ohne dass der Astrologe den blassesten Schimmer vom Gemütszustand seines Kunden hat, gefährlicher wird es, wenn Astrologen anfangen, die Zukunft vorauszusagen oder sogar den Tod.

Wahrsagerei als politische Beratung lässt die meisten an Sagen oder allenfalls an Orakel von Delphi des antiken Griechenlands denken. Dass sich so etwas im aufgeklärten 20. Jahrhundert ereignen könnte, würden nur die Wenigsten erwarten. Aber genau das spielte sich Mitte achtziger Jahre auf höchster politischer Ebene ab. "Nancy und Ronald Reagan, die dem besonders leichtgläubigen südkalifornischen Kulturkreis entstammen, verließen sich bei privaten wie öffentlichen Angelegenheiten auf einen Astrologen [die Astrologin Joan Quigley, Anmerkung des Webmasters] - und das Wählervolk hatte davon keine Ahnung."[3] In einer Zeit, als sich die beiden Atommächte voller Argwohn auf die Finger schauten. "Zu einem gewissen Teil liegt die Entscheidungsfindung, die die Zukunft unserer Kultur beeinflusst, schlicht in den Händen von Scharlatanen."[4]

Wissenswert

  • Ein Drittel der Deutschen glaubt, dass an Astrologie etwas dran ist, 97 Prozent kennen ihr Tierkreiszeichen, 64 Prozent lesen täglich ihr Horoskop. Sogar einige Firmen sollen ihre Mitarbeiter nach dem Stand der Sterne einstellen.[5]
  • Der Durchschnittseuropäer hält Astrologie für "wissenschaftlicher" als etwa die Ökonomie oder die Geschichte. "In einer Eurobarometer-Umfrage des Jahres 2001, für die 20.000 EU-Bürger befragt wurden, stuften fast 53 Prozent die Astrologie als 'ziemlich wissenschaftlich' ein."[6]
  • Es gibt mindestens zehnmal soviel Astrologen wie Astronomen.[7]
  • Viele Politiker ließen (und lassen) sich bei wichtigen Entscheidungen von Astrologen beraten. Die Prominentesten davon waren Ronald Reagan, François Mitterand und der spanische König Juan Carlos I.

Quellennachweise