Karzinogene

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Karzinogene sind Substanzen oder physikalische Einwirkungen, die das Entstehen von Krebs (Malignomen) beim Menschen oder bei Tieren fördern oder auslösen können. Sie wirken auf unterschiedliche Weise auf zelluläre Strukturen und Prozesse ein, wobei meist genetische Veränderungen (Mutationen) im Vordergrund stehen. Diese Veränderungen können zur unkontrollierten Zellvermehrung führen, wenn sie bestimmte Gene betreffen, etwa Tumorsuppressorgene oder Onkogene. Karzinogene können chemischer, physikalischer oder biologischer Natur sein. Auch Lebensgewohnheiten wie Rauchen oder bestimmte Ernährungsweisen gelten als Risikofaktoren mit karzinogenem Potenzial.

Die Wirkung eines Karzinogens ist häufig dosisabhängig und kann durch Dauer und Art der Exposition beeinflusst werden. Manche Stoffe entfalten ihre Wirkung erst nach einer Umwandlung im Körper, meist durch enzymatische Prozesse (Prokarzinogene). Andere wirken direkt zellschädigend oder verändern das Erbgut unmittelbar. Der Begriff „kanzerogen“ wird synonym verwendet, in der Fachsprache ist jedoch „karzinogen“ die gängigere Form. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation, klassifiziert Karzinogene in verschiedene Gruppen – je nach Evidenzlage für den Menschen. Diese Einteilung reicht von „karzinogen für den Menschen“ (Gruppe 1) bis hin zu „wahrscheinlich nicht karzinogen“ (Gruppe 4).

Klassifikation und Wirkungsmechanismen

Karzinogene lassen sich grob in drei Hauptkategorien einteilen: chemische, physikalische und biologische Karzinogene. Chemische Karzinogene sind die zahlenmäßig größte Gruppe. Dazu gehören unter anderem polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Nitrosamine, bestimmte Schwermetalle wie Arsen und Cadmium sowie Industriechemikalien wie Benzol oder Formaldehyd. Diese Stoffe gelangen häufig über Inhalation, Nahrungsaufnahme oder Hautkontakt in den Körper. Sie wirken entweder direkt auf das Erbgut (genotoxisch) oder über indirekte Mechanismen, etwa durch chronische Entzündungen oder hormonelle Veränderungen (nicht-genotoxisch).

Physikalische Karzinogene umfassen ionisierende Strahlung (z. B. Röntgenstrahlung, radioaktive Strahlung) sowie ultraviolette Strahlung. Diese Formen von Strahlung sind in der Lage, DNA-Stränge direkt zu schädigen. Wiederholte oder intensive Exposition kann zu Mutationen führen, die das Risiko für Hautkrebs oder Leukämie erhöhen. Biologische Karzinogene sind hauptsächlich bestimmte Viren, seltener Bakterien oder Parasiten. Zu den wichtigsten Vertretern zählen das humane Papillomavirus (HPV), das Hepatitis-B-Virus (HBV), das Hepatitis-C-Virus (HCV) und das Epstein-Barr-Virus (EBV). Diese Erreger können langfristige Veränderungen in infizierten Zellen verursachen und so karzinogene Prozesse auslösen, insbesondere bei chronischen Infektionen.

Prävention und Regulierung

Die Vermeidung oder Reduktion der Exposition gegenüber Karzinogenen ist ein zentrales Anliegen im öffentlichen Gesundheitswesen und in der Arbeitsmedizin. Präventionsmaßnahmen setzen auf mehreren Ebenen an: gesetzliche Regelungen zur Begrenzung von Schadstoffen am Arbeitsplatz, Warnhinweise auf krebserregenden Produkten (z. B. Zigarettenpackungen), Aufklärungskampagnen sowie gezielte Vorsorgeuntersuchungen. In der Lebensmittelindustrie gelten strenge Grenzwerte für Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, Mykotoxinen oder anderen potenziell karzinogenen Stoffen. Auch das Trinkwasser wird regelmäßig auf Karzinogene wie Arsen oder Nitrat überprüft.

Internationale Organisationen wie die IARC oder nationale Einrichtungen wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) oder die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) veröffentlichen regelmäßig Bewertungen und Grenzwerte. Die Aufnahme eines Stoffes in eine höhere Gefährdungskategorie hat oft direkte Folgen für seinen Einsatz in der Industrie oder Landwirtschaft. So wurden etwa Asbest und bestimmte Farbstoffe inzwischen weitgehend verboten oder durch weniger gefährliche Alternativen ersetzt. Auch der bewusste Verzicht auf Risikofaktoren – etwa durch Rauchstopp, Sonnenschutz oder Schutzkleidung am Arbeitsplatz – spielt eine wichtige Rolle bei der individuellen Krebsprävention.

Tabelle: Beispiele bekannter Karzinogene

Karzinogen Art Hauptwirkung im Körper Begünstigte Krebsarten
Asbest physikalisch chronische Entzündung des Lungengewebes, Faserablagerung Mesotheliom, Bronchialkarzinom
Benzol chemisch Beeinflussung der Blutbildung, DNA-Schäden Leukämie
UV-Strahlung physikalisch direkte DNA-Schäden durch Photonenenergie Hautkrebs, malignes Melanom
Tabakrauch chemisch enthält zahlreiche PAKs und Nitrosamine, genotoxisch Lungenkrebs, Kehlkopfkrebs, Blasenkrebs
HPV (humane Papillomaviren) biologisch Integration viraler DNA, Zellveränderung Gebärmutterhalskrebs, Analkarzinom
Arsen chemisch Störung der Zellatmung, genotoxisch Hautkrebs, Lungenkrebs
Aflatoxine (Schimmelpilzgifte) biologisch Leberzellschädigung, Mutagenität Leberkrebs
Ionisierende Strahlung physikalisch Doppelstrangbrüche der DNA Leukämie, Schilddrüsenkrebs
Formaldehyd chemisch Schleimhautreizung, DNA-Veränderungen Nasopharynxkarzinom, Leukämie
Hepatitis-B-Virus biologisch chronische Leberentzündung, Zellproliferation Leberzellkarzinom